Materialwirtschaft: Was ist was?      1.Teil                         
Überblick:
VERANTWORTUNG und AUSPRÄGUNGEN
von der Arbeitsvorbereitung zur Verzahnten Materialwirtschaft

Die Materialbewirtschaftung ist eine wichtige Querschnittsfunktion in allen materialintensiven Unternehmen.

Funktionen und Eingliederung
Die Materialwirtschaft (MaWi) ist eine Sekundär- oder Unterstützungsfunktion (neben Finanz- und Personalwirtschaft) zur Unterstützung der drei Primär- oder Hauptfunktionen eines Unternehmenes - Vertrieb, Produktion und Konstruktion. Primär- und Sekundärfunktionen werden geleitet von den Tertiär- oder Steuerungsfunktionen Marketing, Controlling und Qualitätssicherung. Die der MaWi analoge Kapazitätswirtschaft wird i.a. der Produktion zugeordnet.
Wie die anderen Sekundär- und Tertiärfunktionen ist die Materialwirtschaft eine Querschnittsfunktion im Unternehmen.
   
Die MaWi verantwortet den wirtschaftlichen Materialeinsatz und koordiniert deshalb alle Funktionen, welche die Kosten-Nutzen-Relation des Materials beeinflussen. Ursprünglich als reine Produktionsunterstützung angesehen, wurde zunächst der Einkauf zumeist im Kaufmännischen Bereich zentralisiert, aber erst die Eigenständigkeit der Materialwirtschaft ermöglichte einen geschlossenen Verantwortungsbereich und die Durchsetzung von Optimierungsmaßnahmen.
   
Die Kernfunktionen der MaWi sind
- Bestandsführung mit der Lagerhaltung,
- Bedarfsermittlung,
- Steuerung der Bedarfsdeckung,
- externe Bedarfsdeckung,
- Abschub und Transporte
Wichtigstes Hilfsmittel ist die EDV, ohne die eine moderne Materialbewirtschaftung nicht möglich ist.
 
 
Organisationsformen
Regelmäßig werden der MaWi die Organisationseinheiten
- Lagerhaltung,
- Materialplanung,
- Disposition und
- Einkauf zugeordnet - dazu sehr häufig auch der
- Versand.

Als Zeitabläufe und Materialfluss in der Materialwirtschaft größere Bedeutung erlangten, wurden Terminierung und Auftragsabrufe aus dem Einkauf herausgelöst und zusammen mit Materialplanung und -disposition sowie Versand in der neuen "Logistik" zusammengefasst. Seither soll sich der Einkauf auf Einkaufsstrategie, Rahmenverträge und die Überwachung der Versorgungsketten konzentrieren.
- Einkauf
- Logistik
- - MatPlanung
- - MatDispo
- - Versand
- Lagerhaltung

Schon in den 1970er Jahren hatte Horst Hartmann die "Integrierte Materialwirtschaft" gefordert, welche zudem die Fertigungssteuerung in die Materialwirtschaft eingliedert, um auch die Verantwortung für die Kapitalbindung durch Werkstattbestände in die Materialwirtschaft zu legen.
- Einkauf
- Logistik
- Fertigungssteuerung
- Lagerhaltung

Auf dem Weg zur weiteren Integration habe ich Ende der 1980er Jahre im "Logistischen Einkauf" Teams aus Einkauf und Disposition geformt und damit den Einkauf in die Materialverantwortung zurückgeholt; mit der analogen "Logistischen Fertigungssteuerung" wurde die Steuerung der Werkstattbestände einbezogen. Abweichend zur "Integrierten Materialwirtschaft" nach Hartmann mit ihren getrennten Abteilungen Disposition, Einkauf und Fertigungssteuerung wurde die Integration in die unterste Organisationsebene gezogen, die Feinsteuerung ("Meistersteuerung") der Fertigungsbereiche hingegen in die Produktionsverantwortung zurückgeführt. In dieser Organisationsform, der "Verzahnten Materialwirtschaft", sind - neben Lagerhaltung und Transportwesen - der Logistische Einkauf und die Logistische Fertigungssteuerung die wichtigsten Elemente der Materialwirtschaft.
- Logistischer Einkauf
- Logistische Fertigungssteuerung
- Lagerwesen
- Transport
 
 
Erscheinungsformen
Am weitesten verbreitet ist in praxi immer noch die "Vorratswirtschaft", eine Form der Materialwirtschaft, bei der davon ausgegangen wird, dass markt- und zufallsbedingten Bedarfsschwankungen am wirtschaftlichsten nicht mit Kapazitätsreserven oder gar Marktnivellierung entsprochen werden kann, sondern mit optimierten Materialreserven.
Bei großen Bedarfsvarianzen und geringer Einkaufsmacht ist eine Reservebildung fast immer wirtschaftlich, will man am Markt ausgerichtet bleiben. Material ist - im Gegensatz zur Kapazität - i.a. gut lagerfähig und ermöglicht schnelle Marktanpassung. Durch gezielte Bevorratung und Pufferung von Material können Varianzen und Abstimmungsprobleme wirtschaftlich aufgefangen werden. Doch ist die Vorratswirtschaft wegen der zwangsläufigen Kapitalbindung in Misskredit geraten, zudem verführt sie in praxi dazu, potentielle Schwachstellen mit Material zu überdecken, anstatt sie konsequent auszuräumen. Durch diese Optimierungen würden Verfahren beschleunigt und Varianzen reduziert, was wiederum die Kapitalbindung drastisch reduziert.
Regelmäßig gilt das Minimal-Prinzip der Wirtschaftlichkeit, d.h. eine vorgegeben Lieferbereitschaft ("Servicegrad") ist mit minimaler Materialbevorratung zu erreichen.
Negativ-Kriterium ist die Kapitalbindung durch die Vorräte, doch stehen Bestandshöhe des Materials und Organisationsaufwand für Planung und Durchführung der Bevorratung im umgekehrten Verhältnis zueinander und zudem lassen zumeist interne und externe Varianzen angemessene Reserven wünschenswert erscheinen. Deshalb gilt es, die Kapitalbindung nicht einfach zu minimieren, sondern in Abstimmung mit beiden Märkten, also Verkaufs- und Beschaffungsmarkt, zu optimieren. Dabei kommt eine besondere Bedeutung der Ausmerzung gerade interner Varianzen zu.     
   
Das Konzept "Lagerlose Fertigung" sieht hingegen vor, Bevorratungen und Pufferungen durch organisatorische Massnahmen zu eliminieren, was aber hohen Aufwand verlangt in Planung, Koordination und Materialfluss und nur bei Großunternehmen mit entsprechender Marktmacht durchführbar erscheint.Oft werden in praxi Bevorratungen auf Zulieferanten verlagert oder in Umlaufbestände (Transporte) verschoben.

Die Gesamtwirtschaftlichkeit muss über die Ausprägungsformen entscheiden.
Konsequente spezifische Optimierungsmassnahmen sind in allen Formen zwingend notwendig.   




Literatur   


         Hartmann, Horst: "Materialwirtschaft" Gernsbach 2002 (8.Aufl), ISBN 3-88640-094-8     
      
        Immer noch für alle materialwirtschaftlichen Fragen zu empfehlen (deshalb späterhin nicht mehr gesondert erwähnt),
        wenngleich konventionell und sündhaft teuer.     
        Stärke ist der konsequente Praxisbezug, weniger die theoretische Durchdringung.

       


Wikipedia      
  
http://de.wikipedia.org/wiki/Materialwirtschaft

   Für das erste Verständnis noch ausreichend.


 

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Neumünster, 06.09.2009      *      Egbert W Gerlich     *     egbert@ew-gerlich.de