Materialwirtschaft 4a:  VA-Dispo      Anhang                    

Der Diskussion entnehme ich, dass die Grundgedanken zur der Varianzgesteuerten Disposition doch nicht augenfällig sind.
Deshalb will ich zum besseren Verständnis hier auf Unterschiede zu den herkömmlichen Verfahren eingehen und dabei verdeutlichen,
dass diese Methodik nicht so einfach auf übliche Verfahren reduziert werden kann.


1. Wer nur die Gesamtverbräuche betrachten, also nicht nach Lang- und Kurzfrist unterscheiden will, lässt das Kernstück der VA-Dispo, nämlich BESSI, völlig unberücksichtigt. Dadurch wird der deterministische Einfluss eliminiert, und es wird nicht der SG erreicht, der sich mit der deterministischen (!) Disposition der Langfristbedarfe insgesamt einstellt.
Bei BESSI handelt es sich um die integrierte Kombination der beiden konventionellen Dispositionsmethoden - nicht nur um eine statistische Fragestellung!

2. Will man Sicherheitsbestände herausrechnen, um eine Vergleichbarkeit mit den üblichen Prognoseverfahren zu ermöglichen, die an sich ja nur einen Bedarfswert mit ungenügender Wahrscheinlichkeit auswerfen, dann kappt man die wichtigste Funktion von JESSI, nämlich die Zusammenfassung von Bestands- plus Sicherheitsprognose. Wer JESSI gerecht werden will, muss vielmehr, statt etwas herauszurechnen, in die konventionellen Bedarfsprognosen (zB X- oder M-Glättung) etwas hineinrechnen, nämlich den gesondert zu errechnenden Sicherheitsbestand hinzufügen. Für den Dispositionsvorgang sind die Sicherheitsbestände als singuläre Daten völlig irrelevant, es zählt nur der zu erwartende Gesamtbedarf. Man kann auch nicht einfach dispositiv den Sicherheitsbestand reduzieren, weil die Bevorratung für vermutete Aufträge inclusive Sicherheit erfolgt.

3a. Sinn von JESSI ist es gerade, stochastische Überschneidungen (ich nenne das "Verschmierungen") zu reduzieren, deshalb gibt es auch keine Mehrfach-Glättungen. Die dynamische Aufsummierung von Verbrauchsdaten über einen bestimmten Zeitraum (WBZ) führt zu einem festen eindeutigen Wert, der keineswegs geglättet ist. Ist das Quantil ein Glättungs-Wert?

Addiert man zB die Ausgaben der letzten 5, 10, 14, 20 Tage, dann beantwortet sich die Frage, wieviel Geld in den letzten 5, 10 etc Tagen ausgegeben wurde; das ist ein reales, diskretes Datum. Die Wiederholung morgen, übermorgen, nächste Woche ergibt neue, wiederum reale und ungeglättete Werte über andere 5, 10 etc Tage. Erst wenn man einen Durchschnittswert wissen will (wie hoch sind die Ausgaben pro Tag?), greift man zur Glättung - exponell oder gemittelt.
JESSI will aber gar keinen Durchschnitt wissen und ermittelt deshalb auch keinen - auch nicht Median oder Mittelwert. Die heranzuziehenden Verbrauchswerte können sich auf Stunden, Schichten, Tage, Wochen beziehen, und die Summation erfolgt dynamisch über den Zeitraum der spezifischen WBZ.
Bei den konventionellen Methoden werden kalendarische Perioden fixiert, in welche die Einzelwerte bei Periodenabschluss fest hineinsummiert werden, und über diese Perioden und für eine Periode erfolgt die Durchschnittsberechnung durch eine Glättung. Bei JESSI werden zu jeder Bedarfsrechnung die WBZ-Perioden dynamisiert, gleitend verschoben.

3b. Im nächsten Schritt bestimmt JESSI den Wert, der x Prozent (nämlich Beta-Servicegrad) des Beobachtungszeitraumes abdeckt,  und setzt ihn in den Planbedarf. Konventionell wird hingegen geglättet, also geeignet ein Durchschnitt ermittelt, welcher auf die WBZ hochzurechnen ist (MW * WBZ)! Dazu muss aber zwingend - und das wird zumeist schamhaft verschwiegen -

3c. eine Sicherheit als Mehrfaches der Standardabweichung hinzugefügt werden. Durch dieses Mehrfache soll der Bereich zwischen StdAbw (bzw
MAD) und SG-Quantil abgedeckt werden, und dieser Bereich ist verteilungsabhängig! Der aus Tabellen entnehmbare Sicherheitsfaktor gilt für die Normalverteilung und muss schiefen Verteilungen, wie sie in der Materialwirtschaft häufig auftreten, angepasst werden. Das aber setzt eine aufwendige Verteilungsanalyse voraus.
Die üblichen konventionellen Verfahren fußen also auf zwei unabhängigen und unterschiedlichen Statistik-Berechnungen: Bedarf und Sicherheit. JESSI bildet die Integration beider Berechnungen.

4. Die dritte Zielsetzung von JESSI war nach Vereinfachung des Verfahrens und nach Zusammenfassung der beiden statistischen Verfahren die bessere
Berücksichtigung schiefer Verteilungen, ohne den Aufwand einer Verteilungsanalyse zu betreiben. Es scheint so, als würde JESSI auch damit deutlich besser fertig werden.

Allein das Zusammenführen zweier Dispositionsmethoden und zweier Rechenmethoden ist für
die praktische Anwendung von erheblicher Bedeutung -
vorausgesetzt, es werden keine schlechteren Ergebnisse erzielt.
Und das eben wird zu beweisen sein - oder auch nicht...




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Neumünster, 22.12.2011      *      Egbert W Gerlich     *     egbert@tasar-org.de