Materialwirtschaft: Was ist was?    7.Teil /1                             

 


Der "Logistische Einkauf (logEk)" ist die wichtigste Organisationsform des Einkaufs innerhalb einer ganzheitlichen, eben der verzahnten Materialwirtschaft.

Sie berücksichtigt einerseits, dass
 - die Ziele von Materialeinkauf und -disposition grundsätzlich unterschiedlich sind und
 - die Einkaufstätigkeit andere Charaktere prägt als die Dispositionstätigkeit,
andererseits aber auch Rechnung trägt
 - der für die Materialdisposition grundlegenden Bedeutung von Stückpreis und Wiederbeschaffungszeit,
    welche beide im Einkauf bestimmt werden.
und deshalb führt sie den Einkauf in die operative Materialverantwortung zurück.

Ihre Stärken beweist diese Organisationsform, wenn
  - auf die Lieferbereitschaft bei starken Marktschwankungen besonderer Wert gelegt wird und
  - die eigene Einkaufsmacht nicht beherrschend ist.
Das ist in den bei weitem meisten Fällen im Maschinenbau der Fall - gerade im Mittelstand. Zugrunde liegt die Erkenntnis, dass eine reibungsfreie und verzugslose innerbetriebliche Kommunikation eine entscheidende und zudem noch billige Vorraussetzung ist für die Optimierung aller Unternehmensfunktionen.

Den Logistischen Einkauf habe ich 1988 in einem Unternehmen der Bergbauzulieferindustrie eingeführt und damit sowohl für die Effektivität des Personaleinsatzes als auch für die Lieferbereitschaft deutliche Verbesserungen bewirkt. Noch durchschlagender war der spätere Erfolg 
in einem technischen Unterstützungsbereich der Bauindustrie. In beiden Fällen überraschte die enorm gestiegene Einsatzfreude der Mitarbeiter.

Der LogEk ist gekennzeichnet durch:
1. Konzentration auf das Material
2. Gesamtverantwortung für die Materialbewirtschaftung in der Einsatzebene (Sachbearbeiter, Referenten)
3. Gliederung des Einkaufs nach Lieferanten
4. Integration von Einkauf und Disposition in Arbeitsteams
5. Vorbeugung logistischer Probleme bereits beim Einkauf

Im Einzelnen:

1. Konzentration auf das Material
Traditionell wird die Einkaufsfunktion für alle Bedarfsfälle in einer Einkaufsabteilung gebündelt. Im LogEk wird der Einkauf von Inventar und Dienstleistungen grundsätzlich herausgelöst, weil Schwerpunkte und Arbeitsablauf unterschiedlich sind. Der LogEk soll sich darauf konzentrieren, die Effizienz der eingesetzen Mittel in der Materialbewirtschaftung zu maximieren.
Jene für die Materialwirtschaft fremden Zuständigkeiten werden besser in den ohnehin bestimmenden Unternehmensbereichen (Produktion, Personalwesen, Werkserhaltung etc) oder in einem Spezialeinkauf angesiedelt, welcher natürlich auch
neben dem logEk in der Materialwirtschaft verbleiben kann.

2. Gesamtverantwortung für die Materialbewirtschaftung in der Einsatzebene
Es erspart Zeit und Kosten, Zielkonflikte auf möglichst tiefer Organisationsebene
(Sachbearbeiter, Referenten) nach einheitlichen Regeln zu lösen. Die offensichtlichen Tendenzunterschiede in Einkauf (niedriger Stückpreis, angenehme Beschaffungszeiten) und Disposition (hohe Reaktionsfähigkeit, geringe Losgrößen) lassen sich am besten gemeinsam von den agierenden Sachbearbeitern in Einklang bringen. Eine Optimierung des Mitteleinsatzes ist dann und nur dann möglich, wenn der Einkaufssachbearbeiter in die Verantwortung für die Kapitalbindung eingebunden ist.

3. Gliederung des Einkaufs nach Lieferanten
Um optimale Lieferfähigkeit zu erreichen, also auch Termintreue und kurze Reaktionszeiten zu realisieren, ist die Stärkung der Lieferantenbeziehungen von allergrößter Wichtigkeit; deshalb sind die Einkaufsbereiche nach Lieferantengruppierungen zu organisieren. Auch auf der Einkaufsseite ist die Marktausrichtung von essentieller Bedeutung.
In nahezu allen Fällen führt dieses Organisationsprinzip zur Deckungsgleichheit mit der materialbezogenen Disposition, so dass schon von vornherein einem Einkaufssachgebiet ein Sachgebiet der Materialdisposition nahezu völlig entspricht.

4. Integration von Einkauf und Disposition in Arbeitsteams
Die entscheidende Neuerung des LogEk besteht in der Bildung von integrierten Arbeitsteams aus einem Einkäufer und einem Disponenten, welche sich direkt gegenübersitzen. Die direkte Zusammenarbeit beschleunigt alle Abläufe enorm und erleichtert besonders die Terminarbeit, ohne die spezifischen Fähigkeiten und Aufgaben der Teammitglieder zu verwässern oder zu vermischen. So kann das Ziel optimalen Mitteleinsatzes bereits in der Arbeitsebene erreicht werden. 
Darüberhinaus hat es sich als sehr sinnvoll erwiesen, unterstützende Hilfsarbeiten nicht von einer zentralen Einheit ausführen zu lassen, sondern auch in der integrierten Gruppe anzusiedeln. Das betrifft nicht nur die generelle Postbearbeitung, sondern besonders auch alle Nachbearbeitungen wie Reklamationen und die allgemeine Rechnungsprüfung (!). Es ist einfach unrichtig zu glauben, die Rechnungsprüfung müsse sich in einem anderen Geschäftsbereich befinden - das betrifft natürlich nicht die Revision. So ist die Nahtstelle zwischen Beschaffungsmarkt, also dem Lieferanten, und dem Anwender, der eigenen Produktion, vollständig geschlossen.
 
5. Vorbeugung logistischer Probleme bereits beim Einkauf
Das enge Zusammenwirken von Einkauf und Disposition ermöglicht verzugslose Lösungen bereits beim ersten Anzeichen von zukünftigen Problemen, das Verständnis für die Situation des Teamkollegen wird deutlich gesteigert, sofortige Abstimmung ("o biessl wos geht iemmer") gesichert. Die Lieferbereitschaft steigt unübersehbar, Terminprobleme werden drastisch reduziert, Doppelarbeit und stressige Terminarbeit messbar minimiert.

Widerstände
Es kann nicht genügend betont werden, dass der LogEk nichts zu tun hat mit einem früheren "Einkauf, der auch disponiert, was wir ja nicht wollen" (HARTMANN), sondern es disponiert der Disponent, und es kauft ein der Einkäufer. Ein Personalaufbau findet nicht statt, allerdings mag es unbedarften Controllern Schwierigkeiten bereiten, eine personell starke "Einkaufs"-abteilung vorzufinden, wenn die gleichzeitige Verkleinerung einer verbliebenen (Erzeugnis-)Dispositionsabteilung außer Acht gelassen wird (leider in praxi so passiert).

Auch soll nicht übersehen werden, dass viele Einkaufsleiter mit der Rückkehr in die Bestandsverantwortung gar nicht glücklich sind, haben sich doch die Einkäufer im "strategischen Einkauf" bequem eingerichtet, um sich ausschließlich um den Stückpreis zu kümmern - alle Probleme sind abgeschoben in die "Logistik". Zudem werden sie sich gerade von den Investitionsgütern nicht trennen wollen.

Auch der klassische Dispositionsleiter oder sein Nachfolger, der Logistik-Leiter, sehen die Zusammenfassung der Bestandsverantwortung in der operativen Ebene anfänglich nicht sehr gern.

Das Magische Viereck
Der Logistische Einkauf fasst zusammen, was zusammen gehört, nämlich Preisverantwortung und Verantwortung der Kapitalbindung.
Nur so kann das "magische Viereck" der Materialwirtschaft:
Qualität - Preise - Bestellmengen - Lieferzeiten
austariert werden. Überall dort, wo der Einkauf nicht den Markt beherrscht und wo die Produktionsplaner von der Realität überrannt werden, bedeutet der Logistische Einkauf einen eklatanten Unternehmensvorteil.

In beiden genannten Anwendungen war eine herausragend hohe Motivation der Mitarbeiter die Folge.

            Logistische Fertigungssteuerung



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Neumünster, 09.11.2011      *      Egbert W Gerlich     *     egbert@tasar-org.de