A

 

Zur

Hydrologie
des Süßwasser-Aquariums

                                                    


Aquaristik:  Die Grundlagen verstehen

1. ANORGANISCHE ASPEKTE

b. Haupt-Ionen II
Wasserhärte
Leitfähigkeit



Wasserhärte

Die "Härte" des Wassers ist keineswegs eine Stoffeigenschaft wie die von Feststoffen bekannte Materialhärte, sie ist auch keine physikalische Eigenschaft der Flüssigkeit, sondern sie ist ein Maß für die Konzentration bestimmter, ausgewählter Ionen. Es ist nicht von Bedeutung, wie es zu den Definitionen der Härte-Arten "Gesamthärte, Karbonathärte" und der missverständlichen Namensgebung kam.


Die Gesamthärte GH
beschreibt die Konzentration aller Erdalkali-Ionen, im wesentlichen sind das
Ca++ und Mg++
in "Grad deutscher Härte [°dH]", speziell "Grad Gesamthärte [°GH]

Es ergeben je

7,174 [mg/l] Ca++ = 1 [ºGH]
      bzw     
4,351 [mg/l] Mg++ = 1 [ºGH]

Die Karbonathärte KH
beschreibt die Konzentration der Hydrogenkarbonat-Ionen, im wesentlichen sind das
HCO3-
in "Grad deutscher Härte [°dH]", speziell "Grad Gesamthärte [°GH]

Es ergeben je
21,7827 [mg/l] HCO3- = 1 [ºKH]
das entspricht 
29,990 [mg/l] NaHCO3    
bzw    35,741 [mg/l] KHCO3



Definitionsgemäß haben beide überhaupt nichts miteinander zu tun, es gibt keinerlei Abhängigkeit, keine Verknüpfung.
KH  kein Teil von GH
GH ist kein Überbegriff
KH kann größer sein als GH
GH ist kein Maß für die Salinität

Härtegrade und Konzentration der betreffenden Ionen sind linear verknüpft:

Mehrfache Konzentration  < >  mehrfache Härte





Über die Gesamt-Salinität, den Gesamt-Gehalt an Haupt-Ionen, sind beide Härtegrade nicht aussagefähig, da sie jeweils nur einen begrenzten Teil beschreiben - auch die Gesamthärte ist dafür kein Maß!
Der häufig benutzte Begriff
"Nicht-Karbonat-Härte NKH"
 für eine rechnerische Differenz (GH [°GH] minus KH [°KH])
sagt nichts für uns Interessantes aus, zumal es dann eine "negative Härte" geben müsste, was immer das sein mag. Man kann Erdalkali und Karbonate ebensowenig von einander abziehen wie die berühmten Äpfel von Birnen. Die NKH beschreibt allerdings, was - durch welche Maßnahmen auch immer - nicht als wasserunlösliches Caciumcarbonat Ca2CO3 ausgeschieden werden kann, weil dann bereits alles CO3-- bzw (bei negativer NKH) Ca++ ausgefallen ist. NKH zeigt also für diesen Fall die Überbleibsel von Ca++ bzw HCO3-.

Zweckmäßiger zu betrachten ist das Verhältnis der Karbonate zu den Erdalkali, das genannt sei
Härte-Relation RH [%] = KH [°KH] :  GH [°GH]

Für das Gessner-Wasser 
gilt
RH =     92 [%]  
KH =  10,5 [ºKH]
GH =  11,4 [ºGH]


Wird das Wasser mit demineralisiertem Wasser verdünnt, reduzieren sich mit den Ionen-Konzentrationen die Härtegrade GH und KH, aber die Struktur und damit die Härte-Relation RH bleiben erhalten.

Für das Gessner-Wasser können wir uns ein Bild machen von den
Ladungs-Relationen [mg/l]

Kationen: Ca++, Mg++, Na+, K+      Anionen: HCO3-, SO4--, Cl-    



Härterelation = Hinweis auf Mineral-Konzentrationen


RH>90 = Natrium-Kalium-Überschuss
RH<90 = Schwefel-Clorid-Überschuss

Über den Gesamtgehalt an Ionen sagt auch die Härte-Relation nichts aus - einen Hinweis gibt die noch zu besprechende Leitfähigkeit...Im folgenden Diagramm stehen unten GH-Kationen und KH-Anionen, darüber die anderen Hauptionen, über deren Konzentration quantitativ nichts ausgesagt werden kann - außer qualitativ zu Überschüssen (gelb, grün), da die Ladungssumme aller Kationen der der Anionen entspricht (100%).

       


Ganz einfach:
Geprägt wird Wasser durch die wichtigsten Mineralien
Calcium Ca, Magnesium Mg, Natrium Na, Kalium K,
Chlorid Cl, Sulfat SO4, Hydrogencarbonat HCO3.

Im Gleichgewicht stehen sich gegenüber   (Ca + Mg) + (Na + K) = (Cl + SO4) + HCO3
 
Jedes Trinkwasser wird so gekennzeichnet...
Wir benennen Ca+Mg = GH und HCO3 = KH; somit
   
 GH + (Na+K) = KH + (Cl+SO4)

In üblichen Wasser ist
     KH = 0,9 GH
______________________________________________________
Beispiel:
Wenn GH=8, dann sollte KH bei 7,2 liegen.
Wenn nicht, wenn
zB KH=6, also weniger KH, d.h. HCO3-Mangel = (Cl+SO4)-Überschuss
zB KH=10, also weniger GH, d.h. (Ca+Mg)-Mangel = (Na+K)-Überschuss
__________________________________________________________

Der natürliche Zusammenhang KH = 0,9 GH kann als Verhältnis KH/GH = 0,9 geschrieben werden,
und das ist die Härterelation RH = KH/GH.
Die Relation die ist das Kennzeichen für die Art des Mineralgehalts,
der Leitwert ist das Kennzeichen für dessen Höhe.


Für den Säuregrad hat die Karbonat-Härte besondere Bedeutung:
Wenn Stoffe, die Protonen abgeben (zB Säuren) eingeleitet werden und dadurch ein bedeutender Protonenüberschuss entsteht,
verbinden sich Karbonat-Ionen mit den Protonen, wodurch
im Wasser gelöstes Kohlendioxid verbleibt bzw ausperlt,
der Protonen-Überschuss reduziert,
ein "pH-Absturz" aufgefangen wird.

HCO3- + p+ = HCO3- + H+ =  H2CO3
                                        H2CO3 = H2O + CO2

Deshalb wird die Karbonathärte in der Hydrologie als
Säurebindungsvermögen SBV“
bezeichnet, wodurch gleichzeitig das landläufige Missverständnis in Bezug auf die Gesamthärte vermieden wird. Das Anion der Säure verbleibt natürlich als Verunreinigung im Wasser, aber ein unkontrollierter „Säureschock“ durch dissoziierte Protonen bleibt weitestgehend vermieden:
.

HCl = Cl- + p+    
HCl  + HCO3-  = H2O + CO2  + Cl-
   

H2SO4 = SO4-- + 2*p+
H2SO4 + 2* HCO3- = 2* H2O + 2* CO2 + SO4--


In einem festen Verhältnis stehen die Karbonate zu Säuregrad und Kohlendioxid-Gehalt:
 
    Säuregrad pH - Kohlendioxid CO2 - Karbonat-Härte KH

pH = 7,91 – lg(2,8 * CO2 / KH)

Bei gleichbleibender KH, d.h. bei gleichbleibender HCO3-Konzentration, wird der pH-Wert vom CO2 -Gehalt bestimmt; gesenkt wird er durch CO2-Zugabe, erhöht durch CO2-Verbrauch. Alles Andere stört auf gefährliche Weise die Ionen-Struktur.

pH abhängig von CO2    





Wasser ist nicht gleich Wasser, Leitungswasser kein naturnahes Wasser. Hier einige Beispiele:



Ionenstruktur von Leitungsgewässern

Sieht das Stuttgarter Stadtwasser noch recht annehmbar aus, ist das Wasser in Hamburg und Berlin sehr schwefelhaltig, und München zeigt fast nur Härte. Inwieweit das repariert werden kann, muss für jeden Einzelfall untersucht werden - das Werkzeug dazu wird im Optimierungsteil vorgestellt.


Leitfähigkeit


Das Durcheinder-Gewusele vieler geladener Teilchen, was anschaulich das Wasser beschreibt, bedingt, dass übliches Wasser (von reinem H2O abgesehen) einem eingeleiteten elektrischen Strom nur wenig Widerstand entgegensetzt, sondern ihn vielmehr gefährlich gut weiterleitet. Diese Leitfähigkeit (= Kehrwert des elektrischen Widerstandes) ist gegeben durch das Leitungsvermögen aller Ionen, die so, wie sie eine spezifische Masse besitzen, ihre ganz spezifische Leitfähigkeit haben (die Einheit ist "MilliSiemens pro Zentimeter": mS/cm). So kann man, wenn die Ionen-Massen bekannt sind, die Leitfähigkeit errechnen. Von Bedeutung sind diese Daten:

[Schreibweise: yS = µS]

Bekanntlich zeigen an
die Gesamthärte GH den Gehalt an Erdalkali,
die Karbonathärte KH den Gehalt an (Hydrogen-)Karbonaten;

alles Andere bleibt unberücksicht. Der Leitwert EC  (so pflegt in der Aquaristik das Ausmaß der Leitfähigkeit nicht ganz korrekt bezeichnet zu werden),

der Leitwert EC zeigt die Gesamt-Mineralisierung

des Wassers an, allerdings ohne Erkennbarkeit der verschiedenen Stoffe. Hartes Gessner-Wasser hat einen höheren Leitwert, weiches einen niedrigeren; Neben- und Spuren-Ionen erhöhen den Leitwert, ebenso organische Humin-Stoffe. Dünger- und Futterzugaben und das Freiwerden von Mineralien durch abgestorbene Lebewesen erhöhen den Leitwert - und sie verändern ihn stoff-spezifisch: Dieselbe Masse Ammonium verändert anders als dieselbe Menge Karbonat.
Natürlich wirkt sich auch die Protonen-Konzentration des sauren Wassers auf die Leitfähigkeit aus, spielt aber nur bei sehr niedrigen pH-Werten von pH < 4 eine Rolle.

Das reine GESSNER-Wasser
hat einen Leitwert pro Gesamthärte von ungefähr
                              50 [(µS/(cm)/°GH]                   

Ist der Messwert niedriger, fehlen Haupt-Ionen, ist er höher, sind weitere Ionen durch Dünger und andere Verschmutzungen, wie oben genannt, vorhanden. Auch Dünger ist eine "Verschmutzung" des Wassers! Die Messverfahren werden bei den Optimierungen besprochen, hier nur so viel:

Ein zu hoher Leitwert fordert zum Wasserwechsel auf,
ein steiler Anstieg zur Problemanalyse.



Der Glaube, man könne über den Leitwert Wasserhärte oder gar die Masse der gelösten Stoffe messen, ist ein Trugschluss. Man kann den Widerstand des betreffenden Wassers messen, elektrischen (Ionen-)Strom zu leiten, und ihn in die Leitfähigkeit umrechnen, doch die in der Tabelle oben gezeigten Werte der Stoffkonstanten verdeutlichen, dass aus der Summe nicht auf einzelne Ionen oder Ionen-Gruppen geschlossen werden kann. Trotzdem ist es in der Literatur und auch in Leitwert-Messgeräten üblich, den ermittelten Leitwert umzusetzen in die "Gesamtheit aller gelösten Feststoffe",
Total Dissolved Solids
TDS [ppm = mg/l]
mit einem konstanten Faktor k,
TDS [ppm] = k*EC [µS/cm]

der in Abhängigkeit vom Verschmutzungsgrad irgendwo zwischen 0,5 und 0,9 liegensoll. Der Wert dieser Größe ist - zumal linear mit dem Leitwert EC verknüpft - nur schwer ersichtlich.

Beim reinen GESSNER-Wasser
 würde dieser Faktor betragen

k = 0,688
TDS [ppm] = 0,7*EC [µS/cm]


Die Beobachtung des Leitwertes ist die Beobachtung der Verschmutzung.


Da der Leitwert im Gegensatz zur Wasserhärte alle Mineral-Ionen umfasst, ist er neben dem pH-Wert der wichtigste Kennwert für die Beschreibung eines Gewässers - ergänzt wird er von der oben definierten Härte-Relation RH.
Betrachten wir einige gelöste Stoffe:
1. Reines Wasser         H2O               keine Erdalkali, keine Hydrogencarbonate , keine Mineralstoffe, also   GH=0    KH=0    LF=0
2. Kochsalz                 NaCl               keine Erdalkali, keine Hydrogencarbonate,  aber Mineralstoffe,  also   GH=0    KH=0    LF>0
3. Backsoda                NaHCO3        keine Erdalkali,  aber Hydrogencarbonate,  damit Mineralstoffe, also   GH=0    KH>0    LF>0
4. Gips                        CaSO4           Ca als Erdalkali, keine Hydrogencarbonate, damit Mineralstoffe, also   GH>0    KH=0    LF>0
5. Kalziumbikarbonat  Ca(HCO3)2    
Ca als Erdalkali, dazu Hydrogencarbonate,  damit Mineralstoffe, also   GH=0    KH>0    LF>0


                                                                                                                                               
Der Leitwert beschreibt die Konzentration aller gelösten Stoffe,
die Härte-Relation die Struktur der Haupt-Mineralien,
der pH-Wert die Konzentration freier Protonen.


 
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Neumünster, 09.02.2024      *      Egbert W Gerlich     *     egbert@ew-gerlich.de