Zur

Hydrologie
des Süßwasser-Aquariums

                                                    


Aquaristik:  Die Grundlagen verstehen

1. ANORGANISCHE ASPEKTE

c. Neben-Ionen
Stickstoffe
Redfield-Relationen



In diese Gruppe gehören Stoffe, die in natürlichem Wasser in nennenswerten, wechselhaften Mengen vorkommen, ohne zu den das Süßwasser definierenden Haupt-Ionen zu gehören - streng genommen sind es Verunreinigungen des reinen Wassers. Ihre Bedeutung liegt vor allem darin, dass Wasserpflanzen aus ihnen ihre Biomasse bilden, wodurch sie unerlässlich sind in Pflanzengewässern. Es sind dies Verbindungen von
Stickstoff N, Phosphor P und Kohlenstoff C
  

Stickstoffe

Stickstoff als prägendes Element der Proteine ist von größter Bedeutung für nahezu alle Lebewesen, machen doch Proteine etwa die Hälfte der Zell-Trockenmasse aus. Wegen des Stickstoff-Gehalts können Proteine ("Eiweiß") auch nicht durch Kohlehydrate oder Fette ersetzt werden, die ja kein Stickstoff enthalten. Hier von besonderem Interesse sind Stickstoffverbindungen, die für den Stoffwechsel von Flora und Fauna natürlichen Wassers notwendig sind.
Als Verwesung- und/oder Ausscheidungsprodukte, als Überreste tierischer oder pflanzlicher Proteine ("Eiweiße"), schwirren durch natürliches Wasser die Stickstoff-Verbindungen

      Urea ("Harnstoff")                                                   Nitrat                                           Ammonium                                
                                                                                                      
                H4N2CO                                                             NO3-                                                   NH4+                                      
                                                                                                                                                                               [die gelbe Lücke zeigt das hier fehlende Elektron]

weiterhin auch die daraus abgebauten

   Nitrit
                                                                Ammoniak

                                            

NO2-                                                                     NH3

Modelle https://en.wikipedia.org/wiki/Ammonia ff  

So, wie der Kohlenstoff die Kohlehydrate und Fette regiert, bestimmt Stickstoff die Proteine, alle drei Nährstoffbereiche bilden mit Wasser nahezu vollständig die Körpersubstanz der hier interessierenden Flora und Fauna - die Konzentration verwertbarer Stickstoffverbindungen ist also ebenso bedeutungsvoll wie das Vorhandensein von Kohlenstoff. Nitrit NO2- und Ammoniak NH3 sind nicht nur nicht verwertbar, sondern schädigend, also - falls vorhanden - vollständig zu eliminieren.

Als Stickstoff-Lieferanten kommen im wesentlich in Frage - wenn wir von der direkten Einvernahme von Tier-/Pflanzensubstanz absehen - Moleküle/Ionen von

Urea - Nitrat - Ammonium
als N-Lieferanten



N2H4CO        NO3-          NH4+      

deren Stickstoff-Anteil hier im Massen-Vergleich dargestellt ist. Der stärkste N-Lieferant ist Urea, das von Tieren im Urin ausgeschieden wird, das aber auch den komplexesten Umwandlungsprozess durchläuft.
Die kritische Umwandlung von NH4+ in NH3 in alkalischem Wasser wurde schon besprochen wie auch die Bedeutung des pH-Wertes für die Bildung von Salpetriger Säure (Basisionen II)



Die Umwandlung der Stickstoff-Verbindungen ist ein bio-chemischer, um nicht zu sagen "biologischer" Prozess, weshalb er bei den biologischen Aspekten noch zu beleuchten ist. Chemisch geschieht Folgendes:

Bei Vorhandensein jeweils bestimmter Mikro-Organismen und bei jeweils bestimmter Sauerstoff-Konzentration ("Redox-Potential")

wird Urea N2H4CO zersetzt zu Ammonium NH4+ und Ammoniak NH3
N2H4CO + H2O          =  NH4+  + NH3 + HCO3
N2H4CO + H2O + p+  =  2*NH4+  + HCO3-

werden Ammonium NH4+ und Ammoniak NH3 beim Stoffwechsel oxidiert zu Nitrit NO2-
(NH3 + p+) +  2*O2 + e- =  NO2- + 2*H2O

wird vorhandes Nitrit NO2- beim Stoffwechsel oxidiert zu Nitrat NO3-
2*NO2- +  O2  =  2*NO3-

Dieses NO3-, aber ersatzweise auch NH4+, wird von Pflanzen schnellstmöglich in neue Bio-Masse eingebaut - das Ganze wird besungen als
"Stickstoff-Kreislauf"

wobei betont werden muss, dass diese Umwandlungen nur möglich sind, soweit die für jede Stufe
notwendigen Mikro-Organismen
hinlänglich zur Verfügung stehen.

In saurem Wasser entsteht praktisch kein Ammoniak und deshalb kein Nitrit, aber
bei Sauerstoff-Mangel, also bei niedriger Redox-Spannung, und
durch Photolyse bei UV-Bestrahlung kann sich dieser hilfreiche Prozess umkehren, und aus Nitrat wird gefährliches Nitrit
2* NO3- = 2* NO2- + O2



Redfield-Relationen

Bei der Untersuchung marinen Phytoplanktons erkannte Alfred C. Redfield einen Zusammenhang des atomaren Gehalts von
Kohlenstoff C : Stickstoff N : Phosphor P
der nach ihm als "Redfield-Verhältnis" ("Redfield Ratio") bezeichnet wurde. Unstrittig für die Meeresbiologie, ist diese Theorie hilfreich auch für die Süßwasser-Flora, wenngleich nicht ausreichend untersucht. Analoges gilt für die Buddendorf'sche Algentheorie, wonach eine Algenblüte von unnatürlicher N:P-Relation geprägt ist. Erfahrungswerte deuten auf einen Zusammenhang hin.

                                                         https://buddendo.home.xs4all.nl/aquarium/redfield_eng.htm                    

Nach Redfield kommen im Phytoplankton auf  
1x P-Atom     
 16x N-Atome, 106x C-Atome, 264x H-Atome, 110x O-Atome  
als Masse ausgedrückt
1.528[g] + 2.025[g] = 3.553[g]



Solange das Wasser in genügenderMenge zur Verfügung steht - wie im Aquarium -, kann es zunächst unberücksichtigt bleiben, deshalb

1x P-Atom   16x N-Atome  106x C-Atome
P :  N :  C = 1 : 16 : 106

Die betreffenden Elemente sind im Wasser wesentlich enthalten in den Kationen von

 Phosphat, Nitrat und Kohlendioxid:
1x PO4---      16x NO3-       106x CO2

Durch Multiplikation mit den spezifischen Molekül-Massen ergeben sich folgende
Masse-Relationen
[kg / g / mg]
1xPO4 : 16xNO3 : 106xCO2 = 95 :  992 : 4.665
PO4 : NO3 : CO2 =  1 : 10,5 : 49,1

NO3 : PO4 = 10,5    ~ 10

CO2 : PO4 =  49,1    ~ 50

Auf dem Weg zum "pflanzenfreundlichen Wasser" sind dies Meilensteine:
 NO3 : PO4 = 10 : 1           CO2 : NO3 = 5 : 1

Nehmen wir jetzt den obigen Wassergehalt hinzu:

1x P   16x N   106x C   264x H   110x O
sind aufgebaut aus
1x PO4, 16x NO3, 106x CO2, 132x H2O
wobei (4+48+212+22)x O = 143x O2 ins Wasser zurückgeführt werden

Ich nenne sie die
"REDFIELD-Masse-Relationen"
[kg / g / mg]
1xPO4 : 16xNO3 : 106xCO2 : 132xH2O {abzgl 143x O2}  = 95 :  992 : 4.665 : 2378    {abzgl 4576 .....}
PO4 : NO3 : CO2 : H2O =  1 : 10,5 : 49,1 : 23,3  {abzgl 48,2   }

NO3 : PO4 = 10,5     ~ 10
CO2 : PO4 =  49,1    ~ 50
CO2 :  -O2 =  1,02     ~  1    

   


Es kann ein   Pflanzenwachstum   erzielt werden bei
NO3-     ~  10 [mg/l]
PO4---   ~    1 [mg/l]
CO2       ~  50 [mg/l]
H2O       ~  25 [mg/l]
von ~ 35 [mg/l] bei einer
Sauerstoff-Rückführung von ~ 50 [mg/l]

100 [mg/l] Pflanzenwachstum erfordern
NO3-     ~  25 [mg/l]
PO4---   ~  2,5 [mg/l]
CO2       ~125 [mg/l]
H2O       ~  65 [mg/l]
der überzählige Sauerstoff von ~120 [mg/l] wird ins Wasser zurückgeführt.

Wasserpflanzen geben fast ebenso viel Sauerstoff ab, wie sie Kohlendioxid verbrauchen.


Erinnern wir uns, wie bei bekannter Karbonathärte KH
 aus dem pH-Wert die CO2-Konzentration
pH = Fkt[CO2]




abgeleitet werden kann, und diese bestimmt, REDFIELD folgend, die optimale Konzentration der Neben-Ionen für Pflanzengewässer, braucht doch und sollte deshalb die Nitrat-Konzentration ein Fünftel der Kohlendioxid-Konzentration nicht zu übersteigen:

NO3 < 1/5 CO2

                     
     

Optimale Nebenionen-Konzentration ist abhängig vom Kohlendioxid-Gehalt!
NO3 = 1/5 CO2
PO4 = 1/50 CO2
CO2 = Fkt[pH]
Der Kohlendioxid-Gehalt ergibt sich aus dem pH-Wert

Das Diagramm zeigt, dass es keine allgemeine Steuerungs-Empfehlung geben kann. Auch ist ersichtlich, dass eine höhere Rate des Pflanzenwachstums tendenziell bei härterem Wasser erreichbar ist, weil dieses eine höhere CO2-Konzentration ermöglicht (wodurch das Wasser ansäuert).
weiches Wasser = geringes Wachstum
alkalisches Wasser = geringes Wachstum

Somit kann das 
maximal erzielbare Pflanzenwachstum

in Abhängigkeit von Säuregrad und Karbonathärte bestimmt werden:

 Mögliches Pflanzenwachstum

Pflz = fkt [pH, KH]  

Das wird bei der Düngung der Wasserpflanzen vorgestellt und berechnet werden.
 

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Neumünster, 30.07.2023      *      Egbert W Gerlich     *     egbert@ew-gerlich.de