Wer sich seine kindliche Freude an Wilhelm Busch'ens Bildergeschichten erhalten hat, kennt diese:
Überzeugen wir uns jetzt, warum der Wind all das an Bord anstellt, was wir bisher gesehen haben:
Den Wind, den wir an Bord verspüren, nennen wir ganz simpel "
Bordwind";
er ist der einzige Wind, den wir an Bord kennen und der als einziger
für uns wahr ist, weshalb die gängige Literatur-Bezeichnung
"scheinbarer Wind (apparent wind)" nicht nur eine schlechte Übersetzung
ist, sondern genauso unsinnig, wie die frühere Bezeichnung
"Scheinkraft" für die Fliehkraft u.a., wogegen schon mein
Mechanik-Professor vor einigen Jahrzehnten wetterte.
Zum Bordwind vereinigen sich zwei Winde unterschiedlicher Herkunft, nämlich
- der "Molenwind",
den uns das Wetter und die Gegend präsentieren und den wir im
Stillstand auf der Mole wahrnehmen - in der Literatur heißt er leider
"wahrer Wind (true wind)",
obwohl er nicht wahrer ist als jeder andere auftretende Wind, und
- der "Fahrtwind",
den jedes radfahrende Kind kennt und dessen Stärke genauso groß ist wie
unsere Fahrgeschwindigkeit, aber der Fahrtrichtung genau entgegen
wirkt..
Durch
den Fahrtwind wird der Molenwind überlagert
(meinetwegen auch umgekehrt), und diese Überlagerung ist - wie schon
gesagt - nicht nur eine
Ablenkung, sondern sie folgt gehorsam und
treu den Vorschriften, welche die Mathematiker für die
"Vektor-Addition" erlassen haben. Ein Vektor ist eine
Größe mit einer Wirkungsrichtung, also eine "gerichtete Größe", und die
Addition kann man ganz einfach
grafisch durchführen, indem man Vektor-Pfeile (ihre Länge entspricht
der jeweiligen Größe und ihre Richtung der Wirkrichtung des
betreffenden Vektors; die Breite hat keine Bedeutung)
einfach als Kette aneinandersetzt. Das Ergebnis, die "Resultierende"
erhält man, indem man Anfang und Ende der Kette mit einem Pfeil
verbindet. In unserem Fall bilden Molen- und Fahrtwind die
Kettenglieder, die Resultierende ist der Bordwind.
Der blaue Molenwind und der gelbe Fahrtwind fügen sich zusammen
zum roten Bordwind.
Ändert der Molenwind
seine Stärke (Bö / Flaute) oder seine Richtung (Raumer / Schraler)
dann ändert der Bordwind stets Stärke und Richtung
Für schnelle Boote noch wichtiger:
Ändert der Fahrtwind
seine Stärke (durch Abbremsen / Beschleunigen), seine Richtung (durch Anluven / Abfallen)
dann ändert der Bordwind stets Stärke und Richtung
Aus
diesem Zusammenwirken lassen sich alle Windspielereien, die wir in
diesem Kapitel betrachtet haben, einfach ableiten. Die auf dieser Seite
gezeigten Illustrationen sind übrigens nur prinzipielle Darstellungen,
die auf den vorherigen Seiten gezeigten Beispiele hingegen sind -
bezogen auf den Tasar - realitätskonform, errechnet aus
Geschwindigkeitsdiagrammen.
bei konstantem Molenwind
schwankte der Bordwind um +/- 50% und +/- 67°.
Und auch dies noch einmal:
Je schneller das Boot, desto vorlicher der Wind !
Je langsamer das Boot, desto achterlicher der Wind !
Je vorlicher der Wind, desto stärker!
Je achterlicher der Wind, desto schwächer !
Eine Bö kommt achterlich, d.h. der Wind raumt,
eine Flaute kommt vorlich, d.h. der Wind schralt.